Steuertipps Aktuell
Anonymes Hinweisgebersystem der niedersächsischen Steuerverwaltung geht online
Seit 22.04.2025 können Bürger in Niedersachsen Steuerdelikte über ein anonymes Hinweisgebersystem anzeigen. Das Portal https://anonymer-steuerhinweis.mf.niedersachsen.de/meldung soll einen sicheren und diskreten Kommunikationsweg bieten, um sowohl namentliche als auch anonyme Hinweise abzugeben.
Mit dem neuen digitalen Angebot will die niedersächsische Steuerverwaltung die Bearbeitung anonymer Hinweise verbessern und eine bestehende Vollzugslücke schließen.
Ein vergleichbares System ist bereits in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein im Einsatz.
Termine Steuern/Sozialversicherung Juni/Juli 2025
Steuerart | Fälligkeit | ||
Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag | 10.06.20251 | 10.07.20252 | |
Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag | 10.06.2025 | entfällt | |
Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag | 10.06.2025 | entfällt | |
Umsatzsteuer | 10.06.20253 | 10.07.20254 | |
Ende der Schonfrist obiger Steuerarten bei Zahlung durch: | Überweisung5 | 13.06.2025 | 14.07.2025 |
Scheck6 | 10.06.2025 | 10.07.2025 | |
Sozialversicherung7 | 26.06.2025 | 29.07.2025 | |
Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag | Die Kapitalertragsteuer sowie der darauf entfallende Solidaritätszuschlag sind zeitgleich mit einer erfolgten Gewinnausschüttung an den Anteilseigner an das zuständige Finanzamt abzuführen. |
1 Für den abgelaufenen Monat.
2 Für den abgelaufenen Monat, bei Vierteljahreszahlern für das abgelaufene Kalendervierteljahr.
3 Für den abgelaufenen Monat, bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat.
4 Für den abgelaufenen Monat, bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat, bei Vierteljahreszahlern ohne Dauerfristverlängerung für das abgelaufene Kalendervierteljahr.
5 Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen müssen grundsätzlich bis zum 10. des dem Anmeldungszeitraum folgenden Monats (auf elektronischem Weg) abgegeben werden. Fällt der 10. auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist der nächste Werktag der Stichtag. Bei einer Säumnis der Zahlung bis zu drei Tagen werden keine Säumniszuschläge erhoben. Eine Überweisung muss so frühzeitig erfolgen, dass die Wertstellung auf dem Konto des Finanzamts am Tag der Fälligkeit erfolgt.
6 Bei Zahlung durch Scheck ist zu beachten, dass die Zahlung erst drei Tage nach Eingang des Schecks beim Finanzamt als erfolgt gilt. Es sollte stattdessen eine Einzugsermächtigung erteilt werden.
7 Die Sozialversicherungsbeiträge sind einheitlich am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, empfiehlt sich das Lastschriftverfahren. Bei allen Krankenkassen gilt ein einheitlicher Abgabetermin für die Beitragsnachweise. Diese müssen der jeweiligen Einzugsstelle bis spätestens zwei Arbeitstage vor Fälligkeit (d. h. am 24.06.2025/25.07.2025, jeweils 0 Uhr) vorliegen. Regionale Besonderheiten bzgl. der Fälligkeiten sind ggf. zu beachten. Wird die Lohnbuchführung durch extern Beauftragte erledigt, sollten die Lohn- und Gehaltsdaten etwa zehn Tage vor dem Fälligkeitstermin an den Beauftragten übermittelt werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Fälligkeit auf einen Montag oder auf einen Tag nach Feiertagen fällt.
Unzulässige Zweitwohnungsteuer bei Nest- oder Wechselmodell
Das Verwaltungsgericht Weimar entschied, dass die Erhebung einer kommunalen Zweitwohnungsteuer (auch) unzulässig in Fällen des ehelichen Getrenntlebens ist, wenn und soweit die gemeinsamen ehelichen Kinder des zur Zweitwohnungsteuer herangezogenen getrennt lebenden Elternteils mit Zweitwohnsitz im Rahmen des familiären Nestmodells oder auch des Wechselmodells am Erstwohnsitz regelmäßig betreut werden (Az. 3 K 1578/23 We).
Im Streitfall betreute ein getrennt lebendes Ehepaar seine gemeinsamen Kinder zunächst im Nest- und später im Wechselmodell. Für eine Nebenwohnung in einer anderen Stadt sollte der Mann Zweitwohnungsteuer i. H. von 960 Euro jährlich zahlen. Eine Ausnahme von der Zweitwohnungsteuerpflicht sah die Erfurter Satzung nur für nicht dauernd getrennt lebende Eheleute mit Zweitwohnsitz vor. Das Verwaltungsgericht hält das für einen „eklatanten“ Verstoß gegen den Schutz der Familie und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Entscheidung, die gemeinsamen Kinder im Nest- oder Wechselmodell zu betreuen, sei verfassungsrechtlich geschützt - und zwar genauso wie bei nicht getrennt lebenden Eheleuten. Eine Zweitwohnungsteuerpflicht verstoße in solchen Fällen gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung nicht getrennt lebender und getrennt lebender Eheleute seien nicht erkennbar.
Schreiben zu Einzelfragen zur Abgeltungsteuer neu gefasst
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 14.05.2025 sein Schreiben zu Einzelfragen zur Abgeltungsteuer neu gefasst (Az. IV C 1 - S 2252/00075/016/070). Das umfangreiche Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 19.05.2022 und geht u. a. auf die folgenden Bereiche ein:
- Kapitalerträge (§ 20 EStG): Dividenden, Stille Gesellschaft, Lebensversicherungen, Optionsanleihen/Zertifikate, Rückabwicklungen/Nutzungsersatz
- Termingeschäfte (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG): Optionen, Futures, Swaps, Devisentermingeschäfte, Barausgleich, Stillhalterprämien
- Verluste & Forderungsausfälle: Verluste durch Forderungsausfall (z. B. Insolvenz, Verzicht), Wiederaufleben von Besserungsscheinen führt zu nachträglichen Einkünften
- Steuerabzug (§ 43, 43a EStG): Kapitalertragsteuer durch Bank einzubehalten, getrennte Verlustverrechnungstöpfe, Anrechnung ausländischer Quellensteuer nur im Veranlagungsverfahren
- Steuerfreistellung (§ 44a EStG): Freistellungsauftrag oder NV-Bescheinigung möglich, Ehegatten benötigen gemeinsamen Auftrag zur Verlustverrechnung.
- Ausnahmen vom Abgeltungsteuersatz (§ 32d Abs. 2 EStG): Kein Abgeltungssatz bei Darlehen an nahestehende Personen, Antrag auf persönliche Besteuerung bei Beteiligung > 25 % oder > 1 % + Tätigkeit.
- Sonderfälle: Rohstoffzertifikate mit physischem Auslieferungsanspruch, Zinsbegrenzungen (Caps/Floors), Swaps
Für die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne sind die Grundsätze des neu gefassten Schreibens auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Provisionen in Form der Kryptowährung Ether zulässig
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen Provisionen in Form der Kryptowährung Ether erhalten können. Ether als Sachbezug zu vereinbaren sei nur dann möglich, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liege. Zudem müsse ein bestimmter unpfändbarer Betrag des Arbeitsentgelts in Geld ausgezahlt werden (Az. 10 AZR 80/24).
Hintergrund des Urteils ist ein Streit zwischen einem Unternehmen, das sich auch mit Kryptowährung befasst, und einer ehemaligen Arbeitnehmerin. Die Provisionsvereinbarung zwischen den Beteiligten sah eine spezielle Auszahlungsmodalität vor. Die Provision sollte zwar zuerst in Euro berechnet werden, dann aber zum Fälligkeitszeitpunkt (immer am letzten Tag des Folgemonats) zum aktuellen Wechselkurs in die Kryptowährung Ether (ETH) umgerechnet werden. Dieser Anspruch sollte durch die Übertragung der entsprechenden Menge ETH auf eine von der Klägerin benannte Wallet (sog. digitale Geldbörse für Kryptowährungen) erfüllt werden. Sie klagte, dass ihr noch ausstehende Provisionsansprüche - wie im Arbeitsvertrag festgehalten - in Ether übertragen werden sollen. Das Unternehmen war hingegen der Ansicht, dass die Ansprüche bereits durch eine Geldzahlung erfüllt seien. Es sei unzulässig, Arbeitsentgelt in Form von Kryptowährung auszuzahlen.
Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin recht. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Provisionen, zu erfüllen durch Übertragung von ETH, dem Grunde nach zu. Es entschied, dass die Übertragung der Kryptowährung Ether zur Erfüllung von Provisionsansprüchen des Arbeitnehmers, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liegt, als Sachbezug im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO vereinbart werden kann. Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO dürfe jedoch der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer müsse zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts in Geld ausgezahlt werden. Im Streitfall müsse allerdings die genaue Höhe des Anspruchs vom zuständigen Landesarbeitsgericht in Baden-Württemberg als Vorinstanz verhandelt und entschieden werden.
Absetzbarkeit von Rechts- und Beratungskosten bei Anteilsverkäufen - kein Abzug
Eine Tochtergesellschaft, die in einem Organschaftsverhältnis zur Klägerin als Organträgerin stand, veräußerte Anteile an ihrer Tochtergesellschaft - also einer Enkelgesellschaft der Klägerin. Die Klägerin hatte im Zusammenhang mit der Veräußerung der Enkelgesellschaft Rechts- und Beratungsleistungen in eigenem Namen beauftragt und die Kosten daraus getragen. Das beklagte Finanzamt klassifizierte diese Ausgaben als Veräußerungskosten der Tochtergesellschaft, die im Rahmen des § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes nur teilweise abziehbar seien. Die Klägerin argumentierte, dass die Kosten allein ihr und nicht der Tochtergesellschaft zuzurechnen und auf ihrer Ebene ohne Anwendung des § 8b KStG in voller Höhe abzugsfähig seien.
Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Klage statt und ließ die streitigen Aufwendungen in voller Höhe zum Abzug zu (Az. 7 K 1811/21 K). Eine Zurechnung der Kosten zur Tochtergesellschaft komme nicht in Betracht. Bei den Aufwendungen für von der Klägerin in Auftrag gegebene Rechts- und Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung der Enkelgesellschaft handelt es sich um Betriebsausgaben der Klägerin, die nicht dem Abzugsverbot (§ 8b Abs. 2 oder Abs. 3 KStG) zu unterwerfen seien. Daher seien die Aufwendungen in voller Höhe einkommenswirksam. Des Weiteren seien die Rechts- und Beratungsleistungen nicht als verdeckte Einlage zu qualifizieren. Eine verdeckte Einlage liege mangels eines einlagefähigen Wirtschaftsguts nicht vor, da die Klägerin in der konkreten Konstellation nicht auf einen Aufwendungsersatzanspruch - etwa aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag - verzichtet habe. Auch ein sog. abgekürzter Vertragsweg liege nach Auffassung der Richter nicht vor, da die rechtliche Gestaltung des Sachverhalts für den Abzug entscheidend sei. Eine fingierte Zuwendung komme - anders als z. B. im Bereich von Vermietungseinkünften - nicht in Betracht.
Hinweis
Die Entscheidung, die hohe Relevanz für Konzernstrukturen mit Organschaftsverhältnissen hat, ist nicht rechtskräftig. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Anwendung des abgekürzten Vertragswegs bei Körperschaften vom Finanzgericht Düsseldorf zugelassen. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde eingelegt. Das BFH-Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.
Werbungskostenabzugsverbot für Vermögensverwaltergebühren
Ein Anleger hatte im Veranlagungszeitraum 2020 erhebliche Vermögensverwaltergebühren gezahlt, die über dem Sparerpauschbetrag lagen. Diese machte er in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt ordnete die im Streitjahr gezahlte Vermögensverwaltergebühr als Werbungskosten (gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) ein, die unter das Abzugsverbot (gem. § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG) fallen. Dieses Abzugsverbot schließe einen Werbungskostenabzug bei Kapitalerträgen generell aus - nur der Sparerpauschbetrag werde berücksichtigt. Der Kläger argumentierte, dass das Abzugsverbot gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstoße, insbesondere weil bestimmte pauschale Vermögensverwaltergebühren laut des Bundesfinanzministeriums anteilig doch als Anschaffungs- oder Veräußerungskosten anerkannt werden könnten.
Die Richter des Bundesfinanzhofs wiesen die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts als unbegründet zurück (Az. VIII B 79/24). Sie sahen keine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung und auch keine verfassungsrechtliche Fragestellung, die eine Revision rechtfertigen könne. Das Werbungskostenabzugsverbot (gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 9 EStG) sei auch gegenüber Anlegern höherer Kapitalerträge, denen Werbungskosten (hier: aus Vermögensverwaltergebühren) deutlich oberhalb des Sparerpauschbetrags erwachsen, eine verfassungsrechtlich zulässige typisierende Regelung im System der abgeltend besteuerten Kapitalerträge.
Kein Werbungskostenabzug für private Umzugskosten trotz Homeoffice-Zwang
Berufstätige Eheleute lebten mit ihrer Tochter in einer 3-Zimmer-Wohnung und arbeiteten nur in Ausnahmefällen im Homeoffice. Ab März 2020 - bedingt durch die Corona-Pandemie - arbeiteten sie überwiegend im Homeoffice, dort im Wesentlichen im Wohn-/Ess-zimmer. Ab Mai 2020 zogen sie in eine 5-Zimmer-Wohnung, in der sie zwei Zimmer als häusliches Arbeitszimmer einrichteten und nutzten. Den Aufwand für die Nutzung der Arbeitszimmer und die Kosten für den Umzug in die neue Wohnung machten sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Arbeitszimmer an, mangels beruflicher Veranlassung lehnte es den Abzug der Kosten für den Umzug jedoch ab. Demgegenüber bejahte das Finanzgericht Hamburg den Werbungskostenabzug auch für die Umzugskosten und gab der Klage insoweit statt. Der Umzug in die größere Wohnung sei beruflich veranlasst gewesen, da er zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Kläger geführt habe.
Dem folgten die Richter des Bundesfinanzhofs nicht. Sie stellten maßgeblich darauf ab, dass die Wohnung dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sei, die Kosten für einen Wechsel der Wohnung daher regelmäßig zu den steuerlich nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung zählten. Etwas anderes gelte nur, wenn die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen den entscheidenden Grund für den Wohnungswechsel dargestellt und private Umstände hierfür eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle gespielt haben. Dies sei nur aufgrund außerhalb der Wohnung liegender Umstände zu bejahen, etwa wenn der Umzug Folge eines Arbeitsplatzwechsels gewesen sei oder die für die täglichen Fahrten zur Arbeitsstätte benötigte Zeit sich durch den Umzug um mindestens eine Stunde täglich vermindert habe. (Az. VI R 3/23).
Ablösung eines Zinsswaps
Die Klägerin hatte zur Errichtung eines Windparks im Jahr 2008 ein Darlehen aufgenommen. Die Fälligkeit der letzten Rate war für den 31.03.2023 vereinbart, der Zinssatz war bis zum 31.03.2018 festgeschrieben. Im Jahr 2014 schloss die Klägerin mit der Darlehensgeberin für die Restlaufzeit des Darlehens nach Ablauf der Zinsbindung einen Zinsswap. Dieser war so ausgestaltet, dass der Zahler der Festbeträge (die Klägerin) an jedem Zahlungstermin für Festbeträge den entsprechenden Festbetrag an den Zahler der variablen Beträge zahlt und der Zahler der variablen Beträge (die Darlehensgeberin) an jedem Zahlungstermin für variable Beträge den entsprechenden variablen Betrag an den Zahler der Festbeträge zu zahlen hatte. Sollte der variable Satz negativ sein, hatte nach der Vereinbarung der Zahler der Festbeträge an dem betreffenden Fälligkeitstag für die variablen Beträge zusätzlich den als absoluten Betrag ausgedrückten variablen Betrag an den Zahler der variablen Beträge zu zahlen. Später vereinbarte die Klägerin mit der Darlehensgeberin eine feste Verzinsung für die Restlaufzeit des Darlehens und löste den Zinsswap-Vertrag gegen Zahlung eines Ablösebetrags ab. Diesen Ablösungsbetrag machte sie als Betriebsausgabe geltend, was das beklagte Finanzamt unter Verweis auf die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG ablehnte.
Das Niedersächsische Finanzgericht entschied, dass es sich zwar bei dem Zinsswap um ein Termingeschäft im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG handele, vorliegend aber zugunsten der Klägerin die Rückausnahme (§ 15 Abs. 4 Satz 4 EStG) greife. Denn die Klägerin habe damit ein Geschäft zur Absicherung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs getätigt. Mit der bewirkten Zinsbindung für die Restlaufzeit des Darlehens sei der Abschluss der Zinsswaps geeignet gewesen, die Risiken aus dem ursprünglichen Grundgeschäft, dem Darlehensvertrag, abzusichern. Anders als in bisher entschiedenen Fällen sei die Klägerin kein weiteres Risiko (etwa durch die Verbindung mit einem Währungsswap) eingegangen. Vielmehr bewirkte der Zinsswap für die Klägerin hier wirtschaftlich nur eine Zinsfestschreibung bis zum Darlehensende. Mit der Ablösung des Swaps habe die Klägerin lediglich die Aufwendungen in einer Summe vorgezogen, die anderenfalls über die Restlaufzeit des Swap-Geschäfts entstanden wären. Schließlich habe der Abschluss des Darlehensvertrags auch zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin gehört, weil es für Betreiber von Windparks üblich sei, die Anschaffung ihres Anlagevermögens durch Darlehen zu finanzieren.
Hinweis
Bei der Grundform eines Zinssatz-Swaps verpflichten sich die Vertragsparteien in einem festgelegten Zeitraum zu bestimmten Terminen Zahlungen von Beträgen in der gleichen Währung zu leisten, die zu bestimmten, unterschiedlichen Zinssätzen auf einen nominellen Kapitalbetrag berechnet werden.
Keine Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und Tätigkeitsstätte von etwa einer Stunde
Ein Geschäftsführer war bei einer etwa 30 km entfernt ansässigen Arbeitgeberin angestellt und mietete eine Zweitwohnung in ca. 1 km Entfernung von seiner Arbeitsstätte. Er machte einen Anspruch auf Berücksichtigung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend.
Das Finanzgericht Münster wies die Klage ab (Az. 1 K 1448/22). Das Finanzamt habe hier zu Recht abgelehnt, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit zusätzliche Werbungskosten für die geltend gemachte doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort des Klägers fallen im Streitfall nicht auseinander, denn der Kläger könne seine Arbeitsstätte von seinem ca. 30 km entfernten Hausstand aus mit dem Pkw ausweislich eines Online-Routenplaners im Berufsverkehr innerhalb von 50 bis 55 Minuten erreichen. Da die üblichen Wegezeiten maßgeblich seien, sei nicht darauf abzustellen, dass die Fahrzeit nach Angaben des Klägers aufgrund von Baustellen zeitweise im Einzelfall länger gedauert haben sollte. Außerhalb des Berufsverkehrs betrage die Fahrzeit ausweislich des Online-Routenplaners lediglich ca. 30 Minuten.
Versorgungsleistungen aus einer früheren inländischen Betriebsstätte an eine im EU-Ausland wohnende Person
Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, dass der in der Slowakei wohnende Bezieher von Versorgungsleistungen aus einer inländischen Versorgungseinrichtung für eine konkret bezeichnete Berufsgruppe (im Streitfall einer Leistung des Vertreterversorgungswerks) im Inland beschränkt einkommensteuerpflichtig ist (Az. 12 K 549/23).
Die an den Kläger gezahlten Versorgungsleistungen seien nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Diese seien nach Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Vorschriften zu den inländischen Einkünften und der Gesetzessystematik durch die ursprünglich betriebene inländische Betriebsstätte veranlasst. Nach Auffassung der Richter steht einer Besteuerung der Gewinneinkünfte das Doppelbesteuerungsabkommen Slowakei nicht entgegen.
Hierzu ist jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof (Az. I R 2/25) anhängig.
Berufliche Fahrtkosten: Behandlung einer Leasingsonderzahlung
Der Kläger leaste im Rahmen seiner Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter einen Pkw, leistete hierfür eine Leasingsonderzahlung und übernahm weitere Kosten (z. B. Fahrzeugzubehörkosten). In seiner Einkommensteuererklärung machte er Fahrtkosten für seine Außentätigkeit als Werbungskosten geltend. Die Ermittlung der Fahrtkosten basierte auf einem Kilometersatz, welchen der Kläger im Vorjahr auf der Basis der Fahrleistung ermittelte und im Streitjahr erneut anwendete. Bei der Ermittlung der Fahrtkosten wurden u. a. die geleisteten Leasingsonderzahlungen für den gesamten Leasingzeitraum zugrunde gelegt. Das beklagte Finanzamt erkannte die geltend gemachten Fahrtkosten der Höhe nach nicht an. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht München statt.
Der Bundesfinanzhof ändert seine Ansicht dahingehend, dass eine Leasingsonderzahlung im Rahmen der Ermittlung der jährlichen Fahrzeuggesamtkosten periodengerecht aufzuteilen ist (Az. VI R 9/22). Die Richter hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht München zurück.
Hinweis
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes sowie keine Familienheimfahrten sind (sonstige berufliche Fahrten), sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG in ihrer tatsächlichen Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Fahrzeug als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.
Koalitionsvertrag liegt vor
Am 09.04.2025 haben sich Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, der als Basis für eine gemeinsame Koalition dienen soll. Der 146-seitige Koalitionsvertrag enthält u. a. folgende Punkte:
- Kleine und mittlere Unternehmen sollen durch ein Sofortprogramm für Bürokratierückbau entlastet werden: Dokumentationspflichten sollen reduziert, Statistikpflichten sollen ausgesetzt werden.
- Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung steht im Fokus. Die Bundesverwaltung soll um 8 % verkleinert werden. Außerdem wird es ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung geben.
- Steuerpolitik: Eine umfassende Unternehmensteuerreform bleibt aus, jedoch soll eine Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 eingeführt werden und die Körperschaftsteuer ab 01.01.2028 in fünf Schritten um jeweils 1 % gesenkt werden. Gleichzeitig soll die Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen ausgeweitet oder angepasst werden.
Hinweis: Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 wurde die besagte Thesaurierungsbegünstigung eingeführt, die es Einzelunternehmern und Personengesellschaften ermöglicht, nicht entnommene Gewinne zu einem ermäßigten Steuersatz von 28,25 % zu versteuern, anstatt dem regulären Einkommensteuersatz von bis zu 45 %. Bei späterer Entnahme erfolgt eine Nachversteuerung von 25 %, wodurch eine steuerliche Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften angestrebt wird.
Zudem soll die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie ab 01.01.2026 auf 7 % gesenkt werden.
- Abbau von Steuerbürokratie: Steuervereinfachung soll durch Typisierung, Vereinfachungen und Pauschalisierungen erreicht werden. Daneben sollen vorausgefüllte und automatisierte Steuererklärungen für einfach Steuerfälle ausgeweitet werden. Ziel ist es Körperschaften und Personengesellschaften sukzessive auf die Selbstveranlagung umzustellen.
- In der Digitalpolitik gibt es ein klares Bekenntnis zum Rechenzentrumsstandort Deutschland. Beim Datenschutz sind Reformen angekündigt (z. B. Bündelung der Aufsicht beim Bundesdatenschutzbeauftragten).
Die Geschichte zeigt, dass nicht alle Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag auch tatsächlich umgesetzt werden. Alle Vorhaben stehen unter Finanzierungsvorbehalt.
Termine Steuern/Sozialversicherung Mai/Juni 2025
Steuerart | Fälligkeit | ||
Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag | 12.05.20251 | 10.06.20251 | |
Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag | entfällt | 10.06.2025 | |
Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag | entfällt | 10.06.2025 | |
Umsatzsteuer | 12.05.20252 | 10.06.20253 | |
Ende der Schonfrist obiger Steuerarten bei Zahlung durch: | Überweisung4 | 15.05.2025 | 13.06.2025 |
Scheck5 | 12.05.2025 | 10.06.2025 | |
Gewerbesteuer | 15.05.2025 | entfällt | |
Grundsteuer | 15.05.2025 | entfällt | |
Ende der Schonfrist obiger Steuerarten bei Zahlung durch: | Überweisung4 | 19.05.2025 | entfällt |
Scheck5 | 15.05.2025 | entfällt | |
Sozialversicherung6 | 27.05.2025 | 26.06.2025 | |
Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag | Die Kapitalertragsteuer sowie der darauf entfallende Solidaritätszuschlag sind zeitgleich mit einer erfolgten Gewinnausschüttung an den Anteilseigner an das zuständige Finanzamt abzuführen. |
1 Für den abgelaufenen Monat.
2 Für den abgelaufenen Monat, bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat, bei Vierteljahreszahlern mit Dauerfristverlängerung für das abgelaufene Kalendervierteljahr.
3 Für den abgelaufenen Monat, bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat.
4 Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen müssen grundsätzlich bis zum 10. des dem Anmeldungszeitraum folgenden Monats (auf elektronischem Weg) abgegeben werden. Fällt der 10. auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist der nächste Werktag der Stichtag. Bei einer Säumnis der Zahlung bis zu drei Tagen werden keine Säumniszuschläge erhoben. Eine Überweisung muss so frühzeitig erfolgen, dass die Wertstellung auf dem Konto des Finanzamts am Tag der Fälligkeit erfolgt.
5 Bei Zahlung durch Scheck ist zu beachten, dass die Zahlung erst drei Tage nach Eingang des Schecks beim Finanzamt als erfolgt gilt. Es sollte stattdessen eine Einzugsermächtigung erteilt werden.
6 Die Sozialversicherungsbeiträge sind einheitlich am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, empfiehlt sich das Lastschriftverfahren. Bei allen Krankenkassen gilt ein einheitlicher Abgabetermin für die Beitragsnachweise. Diese müssen der jeweiligen Einzugsstelle bis spätestens zwei Arbeitstage vor Fälligkeit (d. h. am 23.05.2025/24.06.2025, jeweils 0 Uhr) vorliegen. Regionale Besonderheiten bzgl. der Fälligkeiten sind ggf. zu beachten. Wird die Lohnbuchführung durch extern Beauftragte erledigt, sollten die Lohn- und Gehaltsdaten etwa zehn Tage vor dem Fälligkeitstermin an den Beauftragten übermittelt werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Fälligkeit auf einen Montag oder auf einen Tag nach Feiertagen fällt.
Pauschalbesteuerung bei Erträgen aus ausländischen thesaurierenden „schwarzen“ Fonds
Die Klägerin hatte im Jahr 2003 Anteile an mehreren thesaurierenden Investmentfonds erworben, die nach österreichischem Recht aufgelegt waren. Diese Fonds gaben jedoch keine für das deutsche Steuerrecht geeigneten Angaben zur Ertragsbesteuerung, insbesondere nicht für in Deutschland ansässige Anleger.
Das Bundesfinanzhof stellte klar (Az. VIII R 13/20), dass § 6 Abs. 2 InvStG 2004 auch auf thesaurierende, nicht transparente Fonds anzuwenden ist („schwarze" Fonds). Wenn die Fonds die notwendigen steuerlichen Angaben nicht bereitstellen, könne der Anleger nach Auffassung der Richter die pauschale Ermittlung der Erträge nicht ohne entsprechenden Nachweis umgehen. Er habe zwar die Möglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen nach § 6 Abs. 2 InvStG 2004 selbst zu erklären, müsse jedoch beweisen, dass die Erträge nach deutschem Steuerrecht ermittelt wurden. Fehlen diese erforderlichen Nachweise, bleibe die Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG 2004 anwendbar. Vorliegend konnte die Klägerin die erforderlichen Nachweise nicht erbringen, weshalb die Klage vom Bundesfinanzhof abgewiesen wurde.
Grunderwerbsteuerpflicht von „nachträglichen Sonderwünschen“ beim Grundstückserwerb mit noch zu errichtendem Gebäude
Der Bundesfinanzhof entschied, dass Entgelte für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche für eine noch zu errichtende Immobilie der Grunderwerbsteuer unterliegen, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag besteht. Sie seien dann nicht in dem ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid über die Besteuerung des Kaufvertrags, sondern in einem nachträglichen gesonderten Steuerbescheid zu erfassen. Dies gelte jedoch nicht für Hausanschlusskosten, wenn sich der Grundstückskäufer zur Übernahme dieser Kosten bereits im (ursprünglichen) Grundstückskaufvertrag verpflichtet hat (Az. II R 15/22 und Az. II R 18/22).
Wirtschaftliches Eigentum von Sicherungsaktien
Im Streitfall hatte die Klägerin mit ihrer Bank zeit- und betragsgleiche, gegenläufige Wertpapierpensions- und Wertpapierdarlehensgeschäfte abgeschlossen. Für die Dauer der Wertpapierdarlehen erhielt sie als Sicherheit börsennotierte britische Aktien von ihrer Bank gegen Zahlung einer Gebühr. Über diese Aktien konnte sie uneingeschränkt verfügen und mit ihnen verbundene Stimmrechte ausüben. Bei Beendigung der Wertpapierdarlehen musste sie Aktien gleicher Art und Menge zurückübertragen. Ausgeschüttete Dividenden hatte sie zeit- und betragsgleich an ihre Bank weiterzuleiten. Da bezogene Dividenden nach damaliger Rechtslage steuerfrei gewesen sind, die Weiterleitung der Dividenden jedoch steuerlich als Betriebsausgabe abziehbar war, ergab sich in Höhe der bezogenen Dividenden ein steuerlicher Verlust. Diesen Verlust maximierte die Klägerin, indem sie Aktien, deren Ausschüttungen sie bereits empfangen hatte, vorzeitig gegen solche austauschte, bei denen die Ausschüttung noch anstand. Das beklagte Finanzamt sah hierin einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 der Abgabenordnung) und erhöhte den Gewinn der Klägerin um die bezogenen Dividenden. Eine Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht München rechtfertigte die Gewinnerhöhungen damit, dass die britischen Aktien im Zeitpunkt des Dividendenbezugs steuerlich nicht der Klägerin, sondern ihrer Bank zuzurechnen seien, sodass es auf einen Gestaltungsmissbrauch nicht ankam.
Dem ist der Bundesfinanzhof mit einer Entscheidung mit Signalwirkung für Kapitalmarktgeschäfte(!) entgegengetreten. Die Richter des Bundesfinanzhofs stellten klar: Maßgeblich ist, wer tatsächlich über die Aktien verfügen darf - nicht, was beabsichtigt ist (Az. I R 3/21). Werden Aktien zur Sicherheit übereignet, seien sie steuerlich ab dem Eigentumsübergang dem Erwerber und Sicherungsnehmer zuzurechnen, wenn dieser die wesentlichen mit den Aktien verbundenen Rechte (insbesondere Veräußerung und Ausübung von Stimmrechten) rechtlich und tatsächlich unabhängig vom Eintritt eines Sicherungsfalls ausüben kann. Im Streitfall seien die Aktien steuerlich nach § 39 AO der Klägerin zuzurechnen, weil ihr - anders als beim klassischen Sicherungseigentum - die wesentlichen mit den Aktien verbundenen Rechte zugestanden haben. Nicht relevant seien für die Zurechnung subjektive Absichten, bestehende Befugnisse auch wahrnehmen zu wollen. Solche Motive könnten jedoch bei einer Prüfung des Vorliegens eines Gestaltungsmissbrauchs beachtlich sein. Ob ein solcher vorliegt, konnte der Bundesfinanzhof jedoch auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts München nicht abschließend prüfen. Er hat den Fall daher an die Vorinstanz zurückverwiesen.
PV-Anlage: Lieferung von Mieterstrom stellt eine selbstständige Hauptleistung dar
Der Kläger war Eigentümer eines umsatzsteuerfrei vermieteten Mehrfamilienhauses und lieferte seinen Mietern Strom, den er über die Betriebskosten abrechnete. Auf dem Mehrfamilienhaus installierte der Kläger eine PV-Anlage. Im Rahmen einer Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau hatte sich der Kläger dazu verpflichtet, 50 % der Stromlieferungen innerhalb des Mietobjekts abzunehmen. Soweit der durch die PV-Anlage produzierte Strom nicht ausreichte, gewährleistete der Kläger die Stromversorgung durch den Bezug und die Weiterlieferung externen Stroms. Aus der Anschaffung der PV-Anlage machte er einen Vorsteuerabzug geltend. Das beklagte Finanzamt gelangte demgegenüber im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu dem Ergebnis, dass die beiden Leistungen Vermietung und Stromlieferung so eng zusammenhingen, dass die Stromlieferung als Nebenleistung umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung (Vermietung) teile. Da die Wohnungen umsatzsteuerfrei vermietet würden, sei der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage insoweit - also um 50 % - ausgeschlossen.
Das Finanzgericht Münster gab der hiergegen gerichteten Klage statt (Az. 15 K 128/21). Die PV-Anlage werde vorliegend vollumfänglich für steuerpflichtige Ausgangsumsätze des Klägers verwendet. Die Stromlieferungen des Klägers an seine Mieter stellen keine unselbstständigen Nebenleistungen zu den umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG), sondern selbstständige Hauptleistungen in Form von Lieferungen dar. Dies gelte sowohl für den vom Kläger mit der Photovoltaikanlage eigenproduzierten als auch für den von externen Stromanbietern bezogenen Strom.
Hinweis
Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzig untrennbar wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Im Zusammenhang mit der Vermietung von Immobilien sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Verfügt der Mieter über die Möglichkeit, die Lieferanten und/oder die Nutzungsmodalitäten der in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, können die entsprechenden Leistungen als von der Vermietung getrennt angesehen werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Mieter über den Umfang der erhaltenen Leistungen, die in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden können, entscheiden kann. Sofern demgegenüber die Vermietung eines Gebäudes in wirtschaftlicher Hinsicht offensichtlich mit den begleitenden Leistungen objektiv eine Gesamtheit bildet, kann davon ausgegangen werden, dass die Leistung mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bildet.
Abgabefristen für die Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2024
Seit Ausbruch der Corona-Krise wurden die Abgabetermine für die Einkommensteuererklärungen der letzten Jahre durch die Finanzverwaltung verlängert. Für die Einkommensteuererklärung 2024 gelten letztmalig verlängerte, jedoch kürzere Abgabefristen als im letzten Jahr. Nicht beratene Steuerpflichtige, die ihre Einkommensteuererklärung selbst erstellen, müssen diese bis spätestens 31.07.2025 bei ihrem Wohnsitzfinanzamt einreichen. Bei der Abgabe über einen Steuerberater verlängert sich die Frist für die Einkommensteuererklärung 2024 bis zum 30.04.2026 (Beraterprivileg). Die verlängerte Abgabefrist bis zum 30.04.2026 gilt für Steuerpflichtige jedoch nur im Zusammenhang mit einem bestehenden Auftrag - eine Vollmacht allein genügt nicht.
Freiberufliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft bei kaufmännischer Führung durch einen Berufsträger
Die klagende Partnerschaftsgesellschaft betreibt eine Zahnarztpraxis. Einem ihrer Seniorpartner oblag die kaufmännische Führung und die Organisation der ärztlichen Tätigkeit des Praxisbetriebs der Klägerin (z. B. Vertretung gegenüber Behörden und Kammern, Personalangelegenheiten, Instandhaltung der zahnärztlichen Gerätschaften). Er war weder "am Stuhl" behandelnd tätig, noch in die praktische zahnärztliche Arbeit der Mitsozien und der angestellten Zahnärzte eingebunden, sondern beriet im Streitjahr fünf Patienten konsiliarisch und generierte hieraus einen geringfügigen Umsatz. Finanzamt und Finanzgericht stuften die Einkünfte der gesamten Gesellschaft als gewerblich ein.
Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht (Az. VIII R 4/22). Alle Mitunternehmer erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Die freiberufliche Tätigkeit ist durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Daher reicht die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einem freiberuflichen Katalogberuf nicht aus. Vielmehr muss positiv festgestellt werden können, dass jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs, nämlich die persönliche Berufsqualifikation und das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation auf dem Markt, in seiner Person verwirklicht hat. Die persönliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit im vorgenannten Sinne setzt allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers kann auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit stattfinden. Einen Mindestumfang für die nach außen gerichtete qualifizierte Tätigkeit sieht das Gesetz nicht vor. Eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit ist daher auch vorliegend anzunehmen. Auch in diesem Fall entfaltet der Berufsträger Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören, denn die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und damit auch Ausdruck seiner freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie seiner persönlichen Teilnahme an der praktischen Arbeit.
Kein Vorläufigkeitsvermerk wegen Doppelbesteuerung von Leibrenten - Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof
Die angebliche oder tatsächliche Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renteneinkünften ist ein Dauerthema. Nachdem das Bundesverfassungsgericht Beschwerden nicht zur Entscheidung angenommen hat und vorgehend der Bundesfinanzhof nicht zu einer Verfassungswidrigkeit gekommen ist, ist die Frage der Verfassungswidrigkeit einer vermeintlich doppelten Besteuerung von Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3b EStG aus Sicht der Finanzverwaltung geklärt und eines Vorläufigkeitsvermerks bedarf es deshalb nicht mehr.
Da beim Bundesfinanzhof noch zwei Revisionsverfahren anhängig sind, in denen bestimmte Fragen der Rentenbesteuerung noch strittig sind (BFH-Az.: X R 9/24 und X R 18/23), dürfte insoweit mit Masseneinsprüchen nebst Anträgen auf Ruhen des Verfahrens zu rechnen sein.
Hinweise
- Wird gegen Einkommensteuerbescheide, die den Vorläufigkeitsvermerk nicht oder nicht mehr enthalten, zulässig Einspruch eingelegt, ist eine Verfahrensruhe gem. 363 Abs. 2 der Abgabenordnung zu prüfen.
- Bisherige, mit dem Vorläufigkeitsvermerk versehene Steuerbescheide werden nicht von Amts wegen für „endgültig“ erklärt.
Neues Gutachten zur „doppelten Besteuerung“ von Renten
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden zur doppelten Besteuerung von Renten nicht angenommen und damit die bestehende Rechtslage untermauert. Wissenschaftliche Gutachten - eingeholt vom Bundesministerium der Finanzen - bestätigen nun, dass keine weiteren gesetzlichen Anpassungen im Kontext einer „doppelten Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung nötig sind.
Diesen Verfassungsbeschwerden waren zwei Urteile des Bundesfinanzhofs vom 19.05.2021 (Az. X R 33/19 und X R 20/19) vorausgegangen, in denen die Revisionskläger eine sog. doppelte Besteuerung ihrer Rentenbezüge rügten. Die beiden Revisionen wurden vom Bundesfinanzhof jeweils als unbegründet zurückgewiesen.
Die gegen diese Entscheidungen erhobenen Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2023 nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 2 BvR 1140/21 und Az. 2 BvR 1143/21). Dabei hat es ausgeführt, dass die vom Bundesfinanzhof vertretene Sichtweise eines einzelfallbezogenen Verbots „doppelter Besteuerung“ jedenfalls nicht offensichtlich ist. Die seinerzeitige Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002, dass „in jedem Fall“ eine „doppelte Besteuerung“ zu vermeiden sei, lasse sich vielmehr auch so deuten, dass der Gesetzgeber nur dazu angehalten werden sollte, eine strukturelle „doppelte Besteuerung“ von ganzen Rentnergruppen bzw. -jahrgängen zu verhindern, nicht aber eine solche in jedem individuellen Fall.
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätszuschlag
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 zurückgewiesen (Az. 2 BvR 1505/20). Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes auch heute (noch) nicht festgestellt werden kann. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestehe folglich nicht.
Zudem habe der Gesetzgeber mit der Reform von 2019 (u. a. durch Anhebung der Freigrenzen ab 2021) seine Pflicht zur Beobachtung der Voraussetzungen der Abgabe erfüllt. Des Weiteren sei die Höhe des Zuschlags (5,5 %) nicht unverhältnismäßig. Auch eine Ungleichbehandlung etwa zwischen Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerpflichtigen oder bei Kapitalerträgen liege nicht vor, da es sich um unterschiedlich gelagerte Sachverhalte handle, so das Bundesverfassungsgericht.