Umsatzsteuer-Richtlinien 2005Die Neuregelungen im Überblick

Bei den Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 (USt-RL) handelt es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, an deren Regelungen die Finanzver-waltung gebunden ist. Im Folgenden werden einige Abschnitte der neuen Richtlinien erläutert, in denen besonders wichtige Änderungen vorge-nommen worden sind:

Geschäftsveräußerung im Ganzen

Eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen ist auch möglich, wenn einzelne wesentliche Wirtschaftsgüter - z.B. dem Unternehmen dienende Grundstücke - nicht an den Erwerber übereignet, sondern nur vermietet oder verpachtet werden. Die dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch den Erwerber muss gewährleistet sein.

Die Geschäftsveräußerung im Ganzen kann auf mehreren, zeitlich versetzten Geschäften beruhen, wenn diese in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Die Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit durch Übertragung des gesamten Vermögens auf den Erwerber muss dabei offensichtlich sein (Abschnitt 5 Absatz 1 UStrL).

Sachzuwendungen an Personal

Die Finanzverwaltung hält daran fest, bei der unentgeltlichen Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer durch eine unternehmenseigene Kantine die lohnsteuerlichen Werte nach der Sachbezugsverordnung als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage zu verwenden.

Etwas anderes gilt bei der Einschaltung eines Kantinenpächters: Hier sind die tatsächlichen Gegenleistungen Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer (Abschnitt 12 Absatz 11, 12 UStrL).

Arzt­ und arztähnliche umsatzsteuerfreie Leistungen

Leistungen im Gesundheitsbereich sind umsatzsteuerfrei, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten dienen.

Für die Umsatzsteuerbefreiung kommt es nicht darauf an, in welcher Rechtsform eine ärztliche oder heilberufliche Tätigkeit ausgeübt wird. So kann die Steuerbefreiung für medizinische Betreuungsleistungen auch in Anspruch genommen werden, wenn diese Leistungen von einer Gesellschaft erbracht werden.

Dagegen sind von Ärzten ausgeübte sonstige Leistungen wie schriftstellerische Tätigkeiten, Vortrags- und Lehrtätigkeiten, die Erstellung bestimmter Gutachten sowie Schönheitsoperationen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Diese Umsatzsteuer wird allerdings nicht erhoben, wenn der steuerpflichtige Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 EUR nicht übersteigen wird (so genannte Kleinunternehmerregelung; Abschnitte 88, 91a, 93 UStrL).

Leistungsempfänger als Steuerschuldner

Für bestimmte Umsätze im Umsatzsteuergesetz schuldet nicht mehr der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatz-steuer. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wurde auf die folgenden Fallgruppen ausgedehnt:

€¢ Seit dem 1.4.2004 schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für alle zur Steuerpflicht optierten Umsätze, die unter das Grunder-werbsteuergesetz fallen. Damit geht z.B. bei Grundstückskäufen die Steuerschuld auf den Käufer des Grundstücks über. Dazu muss ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option) durch den Lieferer vorliegen. Die Option ist im notariellen Kaufvertrag zu erklären (Ab-schnitt 148a Absatz 9 USt-RL).

€¢ Ebenfalls seit dem 1.4.2004 verlagert sich die Steuerschuld bei bestimmten Bauleistungen, die von inländischen Sub- an inländische Hauptunternehmer erbracht werden, auf den Leistungsempfänger. Dazu zählen Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung und -haltung, Änderung und Beseitigung von Bauwerken dienen; Planungs- und Überwachungsleistungen zählen nicht dazu.

Vorsteuerabzug aus Repräsentationsaufwendungen

Grundsätzlich sind Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, die auf Repräsenta-tionsaufwendungen von Unternehmern entfallen. Jedoch fallen Aufwen-dungen des Unternehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs-stätte, für Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass be-gründeten doppelten Haushaltsführung sowie für ein häusliches Arbeits-zimmer nicht unter dieses Vorsteuerabzugsverbot (Abschnitt 197 Absatz 1 USt-RL).

Aufwendungen für Geschenke unterliegen dagegen dem Vorsteuerab-zugsverbot, wenn die Freigrenze von 35 EUR/Jahr überschritten wird (Ab-schnitt 197 Absatz 4, 5 USt-RL).

Der Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass wird von der Verwaltung nur i.H.v. 70 v.H. des Nettorechnungsbetrags zugelassen (Abschnitt 197 Absatz 6 USt-RL). In der Literatur und Rechtsprechung wird teilweise der auf 70 v.H. begrenzte Vorsteuerabzug als nicht dem EU-Recht entsprechend kritisiert. Steuerpflichtige können sich insoweit unmittelbar auf Artikel 17 Absatz 2, 6 der Sechsten EU-Richtlinie berufen, wenn die Bewirtungskosten ange-messen und nachweislich betrieblich veranlasst sind.

Unternehmer mit erheblichem Bewirtungsaufwand sollten die entsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen nicht bestandskräftig werden lassen. Die Verwaltung lässt auf Grund von Einsprüchen die Verfahren ruhen und setzt auf Antrag die Vollziehung aus.

Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 in BStBl I, Sonder-Nr. 3/2004