Steuernachzahlungen bei einer Versetzung in einen anderen Staat

Mit Urteil vom 15.Mai 2002 hat der Bundesfinanzhof entschieden, wie Arbeitnehmer zu besteuern sind, die während des Kalenderjahres aus Deutschland in einen anderen Staat verziehen und anschließend nur noch dort Einkünfte erzielen. Danach gehen die nach dem Wegzug erzielten Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer ein. Sie unterliegen jedoch dem "Progressionsvorbehalt", d.h. sie erhöhen oder vermindern denjenigen Steuersatz, mit dem das in Deutschland erzielte Einkommen besteuert wird.

Im Urteilsfall war ein niederländischer Staatsbürger im Jahresverlauf aus Deutschland in die Niederlande verzogen. In Deutschland erzielte er nach dem Wegzug keine Einkünfte mehr. Der BFH bestätigte das Vorgehen des Finanzamts, das die in den Niederlanden erzielten Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehalts bei der Berechnung der deutschen Einkommensteuer berücksichtigt hatte. Diese Handhabung sei durch § 32b EStG gedeckt und mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Zugleich versagte der BFH dem Steuerpflichtigen, der nach seinem Wegzug in den Niederlanden geheiratet hatte, die Anwendung des Splittingtarifs. Der Splittingtarif gelte nur dann, wenn beide Ehegatten zumindest in einem Teil des betreffenden Jahres in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig oder als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln seien, und das sei bei der Ehefrau des Steuerpflichtigen nicht der Fall gewesen.

Arbeitnehmer, die ins Ausland versetzt werden oder aus dem Ausland zurückkehren, müssen also bedenken, dass i.V.m. der deutschen Einkommensteuererklärung für das Umzugsjahr Steuernachzahlungen fällig werden können. Denn das Finanzamt wendet auf die in Deutschland bezogenen Einkünfte einen Steuersatz an, der auch die im Ausland bezogenen Einkünfte des Kalenderjahres berücksichtigt, falls diese Vorgehensweise nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens unzulässig ist. Es empfiehlt sich deshalb, eine deutsche Einkommensteuererklärung für das Umzugsjahr nur abzugeben, wenn das Finanzamt dazu auffordert oder wenn sich trotz des Progressionsvorbehalts eine Erstattung ergibt.

BFHurteil v. 15.5.02 (I R 40/01) in Der Betrieb 2002 S.1743.