Regelungen zur Erbschaft und Schenkungsteuer verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält die derzeitigen Vorschriften der Bewertung im Erb- und Schenkungsfall für mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar und damit für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber ist verpflichtet worden, bis spätestens zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu schaffen, die alle Vermögensarten nach dem aktuellen Verkehrswert bewertet. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der zum Wertermittlungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr im Falle einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bis zum Stichtag ist das bisherige Recht weiter anwendbar. Für die Praxis hat der Beschluss u.a. folgende Auswirkungen:

Grundsätzliches

Bei der zukünftigen Bewertung aller Vermögensarten nach dem Verkehrswert könnte es zu einer Absenkung der Steuersätze oder dem Ansatz verschiedener Freibeträge kommen, sofern sich das Steueraufkommen nicht generell erhöhen soll. Das würde in erster Linie Sparguthaben begünstigen. Hier sollte mit einer geplanten Geldschenkung - soweit möglich - noch gewartet werden. Generell aber sollten Besitzer von betrieblichem und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen eine höhere Bewertung und damit eine höhere Steuerbelastung in naher Zukunft einkalkulieren. Eile ist zwar noch nicht angebracht, aber eine angedachte Übertragung sollte zumindest konkretere Formen annehmen.

Unbebaute Grundstücke

Bei unbebauten Grundstücken akzeptiert das BVerfG die zeitnahe Erfassung von Bodenrichtwerten.

Immobilien

Eine mögliche Höherbewertung von Immobilien ist wahrscheinlich, aber wohl nicht in den nächsten Monaten. Daher kann eine Immobilienschenkung ohne Hektik noch nach dem Bedarfswertverfahren erfolgen. Auch die geplanten Verschärfungen beim Abzug von Schulden im Zusammenhang mit Grundstücken kommen erst einmal nicht zur Anwendung. Den Aufschub können auch Besitzer von geschlossenen Immobilienfonds nutzen.

Weitere Folgen

Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzesentwurf zur Unternehmensnachfolge in der beabsichtigten Form in Kraft treten wird. Denn darin sind weiter der Ansatz der Steuerbilanzwerte und die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens vorgesehen. Betriebe erhalten für ihre Nachfolgeplanung also noch einen zeitlichen Aufschub. Diese Zeit sollten auch Anleger in gewerbliche geschlossene Fonds nutzen, da das hierin enthaltene unproduktive Vermögen erst einmal weiterhin als begünstigter Bilanzposten berücksichtigt wird.

Beachtenswertes

Eine generelle Steuererhöhung hat das BVerfG nicht gefordert. Laut Pressemitteilung des Deutschen Steuerberaterverbandes hat der Beschluss des BVerfG`s auch keine Auswirkungen auf bereits ergangene Erbschaftsteuerbescheide. Für betroffene Steuerpflichtige besteht damit kein Handlungsbedarf, da sich an dem bislang festgesetzten Steuerbetrag nichts ändert.

Steuerpflichtige, die zukünftig Vermögenswerte übertragen wollen, müssen generell abwägen: Ist das bestehende Recht günstiger oder könnten die noch zu gestaltenden neuen Erbschaftsteuerregelungen Vorteile bringen.

BVerfG, Beschluss vom 7.11.2006, Az. 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235; DStV, Pressemitteilung vom 31.1.2007, P 01/07, unter www.iww.de, Abrufnr. 070526