Neue Regeln für geringfügig Beschäftigte

Eine geringfügige sozialversicherungsfreie Beschäftigung liegt ab 1.April 2003 vor,

• wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 400 € nicht übersteigt (das ist die sog. geringfügig entlohnte Beschäftigung) oder

• wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 € im Monat übersteigt (das ist die sog. kurzfristige Beschäftigung).

Die Dauer der Arbeitszeit ist bei der geringfügig entlohnten Beschäftigung ab 1.April 2003 unbeachtlich. Damit besteht ab 1. April 2003 die Möglichkeit, bei Aushilfskräften Arbeitszeitkonten einzurichten und Arbeitsspitzen zeitversetzt zu entlohnen (Niermann/Plenker in Der Betrieb 2003 S.304).

Für die kurzfristige Beschäftigung tritt ab 2003 an die Stelle des Zeitjahres das Kalenderjahr. Alle kurzfristigen Beschäftigungen, die im Laufe eines Kalenderjahres ausgeübt werden, müssen also für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zusammengerechnet werden. Sobald kurzfristig Beschäftigte länger als 2 Monate oder 50 Arbeitstage im Kalenderjahr beschäftigt werden, unterliegt diese Beschäftigung fortan der Sozialversicherungspflicht (§ 8 Abs.1 SGB IV).

Pauschbeträge für geringfügig Beschäftigte

Bei geringfügig entlohnten Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt bis zu 400 €/Monat zahlt der Arbeitgeber eine Pauschalabgabe von grundsätzlich 25%. Davon entfallen 12% auf die gesetzliche Rentenversicherung und 11% auf die gesetzliche Krankenversicherung. 2% werden als Pauschalsteuer abgeführt. Die Beiträge und Steuern werden von der Bundesknappschaft in Cottbus eingezogen und verteilt. Die kurzfristigen Beschäftigungen sind - wie bisher - beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Werden geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten tätig, muss der Arbeitgeber nur eine Abgabe von 12% an die Bundesknappschaft in Cottbus entrichten, wovon jeweils 5% auf die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung entfallen und 2% als Steuer abgeführt werden (§ 40a Abs.2 EStG). Zusätzliche Erleichterungen ergeben sich für die Privathaushalte dadurch, dass sie wegen der Minijobs ab 1.April 2003 von den Sozialversicherungsträgern nicht mehr geprüft werden (§ 28p Abs.10 SGB IV). Unter die geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten fallen alle Tätigkeiten, die durch einen privaten Haushalt begründet sind und die sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden (§ 8a SGB IV).

Bei geringfügig entlohnten Beschäftigten in Privathaushalten muss ab 1.April 2003 das vereinfachte Meldeverfahren mittels Haushaltsscheck verwendet werden (§ 28a Abs.7 SGB IV). Die Bundesknappschaft nimmt den Haushaltsscheck entgegen, teilt dem Privathaushalt eine Betriebsnummer zu, berechnet den Beitrag und die Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz und zieht diese Abgaben per Lastschriftverfahren ein (§ 28h SGB IV).

Die Pauschalen von 25% bzw. 12% sind erstmals auf Arbeitsentgelt anzuwenden, das für einen nach dem 31.März 2003 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird (§ 52 Abs. 52b EStG).

Zusammenrechnung mehrerer Beschäftigungen

Übt ein Arbeitnehmer mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen aus, werden die Arbeitsentgelte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zusammengerechnet. Überschreitet das zusammengerechnete monatliche Arbeitsentgelt 400 €, sind die Beschäftigungen sozialversicherungspflichtig. Eine Pauschalierung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern ist dann nicht mehr möglich.

Wird bei der Zusammenrechnung mehrerer geringfügig entlohnter Beschäftigungen im Nachhinein festgestellt, dass der Grenzwert von 400 € überschritten ist, tritt die Sozialversicherungspflicht ab 1.April 2003 erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle oder einen Träger der Rentenversicherung ein (§ 8 Abs.2 Satz 3 SGB IV). Für die Vergangenheit bleibt es dann bei dem Pauschalbetrag von 25% bzw. 12%. Wenn ein geringfügig entlohnter Arbeitnehmer den Arbeitgeber über weitere Arbeitsverhältnisse nicht korrekt informiert, muss der Arbeitgeber also nicht mehr befürchten, rückwirkend belastet zu werden.

Die Zusammenrechnung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung mit einer kurzfristigen Beschäftigung ist weiterhin nicht vorgesehen.

Wird neben einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ausgeübt, bleibt die geringfügig entlohnte Beschäftigung ab 1.April 2003 sozialversicherungsfrei. Der Arbeitgeber muss für den geringfügig Beschäftigten jedoch die Pauschalbeiträge i.H.v. 25% bzw. 12% abführen. Werden neben einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen ausgeübt, bleibt die erste geringfügig entlohnte Beschäftigung sozialversicherungsfrei (Der Betrieb 2003 S.285).

Übergangsregelung für bisher versicherungspflichtige Aushilfen

Arbeitnehmer, die am 1.April 2003 sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und die ab 1.April 2003 die Voraussetzungen für eine geringfügig entlohnte sozialversicherungsfreie Beschäftigung erfüllen, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit (§ 434i SGB III; § 7 Abs.2 SGB V; § 229 Abs.6 SGB VI). Wenn kein Antrag gestellt wird, bleibt die Versicherungspflicht bestehen.

Vorteile durch Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit

Die geringfügig entlohnten Beschäftigten können auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten. In diesem Fall müssen die geringfügig entlohnten Beschäftigten die Differenz zwischen dem Pauschbetrag von 12% und dem aktuellen Rentenversicherungsbeitragssatz von derzeit 19,5% selbst übernehmen.

Insbesondere bei Frauen mit Kindern, die die fünfjährige Wartezeit für die Altersrente noch nicht erfüllt haben, ergibt der Aufstockungsbetrag i.V.m. einem 400 €-Job eine extrem hohe Rendite. Gleiches gilt für langjährig Versicherte, denen nur noch wenige Jahre bei der Wartezeit fehlen, um vorzeitig ab dem 60. bzw. 62. oder 63. Lebensjahr in Rente zu gehen. Denn durch die Möglichkeit eines früheren Rentenbeginns steigen die Rentenansprüche in Einzelfällen um mehr als 50.000 €.

Aufgrund des Nachweisgesetzes muss ein Arbeitgeber, der 400 €-Aushilfen beschäftigt, für die er 12% pauschale Rentenversicherungsbeiträge bezahlt, darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung die Stellung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers erwerben kann, wenn er auf die Versicherungsfreiheit durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber verzichtet. Ein solcher Hinweis sollte in jeden Arbeitsvertrag einer 400 €-Aushilfe aufgenommen werden, um den Arbeitgeber vor Schadenersatzansprüchen zu bewahren. Für den Hinweis eignet sich z.B. folgender Wortlaut:

"Der Arbeitnehmer kann in der gesetzlichen Rentenversicherung die Stellung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers erwerben, wenn er gegenüber dem Arbeitgeber auf seine Versicherungsfreiheit verzichtet (§ 5 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Der Verzicht muss schriftlich erfolgen und kann nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden. Er ist für die Dauer der Beschäftigung bindend."

Gleitzone

An die sozialversicherungsfreie Beschäftigung bis 400 €/Monat schließt sich ein "Gleitzonenjob" an (§ 20 Abs.2 SGB IV). Hierzu zählen Beschäftigungsverhältnisse, bei denen das Arbeitsentgelt zwischen 400,01 und 800 €/Monat liegt und bei denen die Grenze von 800 € im Monat regelmäßig nicht überschritten wird. Bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend. Die Gleitzonenregelung gilt nicht für Auszubildende.

Gleitzonenjobs sind sozialversicherungspflichtig. Der Sozialversicherungsbeitrag wird aufgrund einer Formel ermittelt, die u.a. in § 344 Abs.4 SGB III definiert ist. Der Sozialversicherungsbeitrag wird vom Arbeitgeber in Höhe des normalen Arbeitgeberanteils bezahlt. Der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung steigt im Bereich zwischen 400,01 € und 800 € von ca. 4% linear auf den vollen Arbeitnehmeranteil an. Hinsichtlich der Lohnsteuer muss der Arbeitnehmer bei einem "Gleitzonenjob" eine Lohnsteuerkarte vorlegen.

Familienversicherung

Familienangehörige werden bisher in den gesetzlichen Krankenkassen ohne eigenen Beitrag mitversichert, wenn sie kein Gesamteinkommen haben, das im Jahr 2003 regelmäßig im Monat 340 € überschreitet. Wegen der Neuregelung für geringfügig entlohnte Beschäftigte gelten ab 1.April 2003 zwei unterschiedliche Einkommensgrenzen, und zwar haben Anspruch auf Familienversicherung:

1. Familienangehörige, die keine geringfügig entlohnte Beschäftigung ausüben, wenn das Gesamteinkommen bis zu 340 €/Monat beträgt und
2. Familienangehörige in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung mit einem Gesamteinkommen bis zu 400 € monatlich.

Lohnsteuer

§ 3 Nr.39 EStG, wonach das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung bisher lohnsteuerfrei blieb, wenn die Summe der anderen Einkünfte des Arbeitnehmers nicht positiv war, wurde aufgehoben. § 3 Nr.39 EStG ist letztmals anzuwenden auf Arbeitsentgelt, das für einen vor dem 1.April 2003 endenden Lohnzahlungszeitraum bezahlt wird. Ab 1.April 2003 zahlt der Arbeitgeber die Lohnsteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) für geringfügig entlohnte Beschäftigte i.H.v. 2% im Rahmen der Pauschalabgabe von 12% bzw. 25%, falls der Arbeitnehmer keine Lohnsteuerkarte vorlegt. Bei Abrechnung der Lohnsteuer über eine Lohnsteuerkarte verringert sich die Pauschalabgabe auf 10% bzw. 23% (§ 40a Abs.2+6 EStG).

Entrichtet der Arbeitgeber wegen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze keinen pauschalen Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung, entfällt die Möglichkeit der Pauschalierung mit dem Steuersatz von 2%. In solchen Fällen kann die Lohnsteuer weiterhin pauschal mit 20% zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abgeführt werden. Diese Pauschalierung setzt ab 1.April 2003 voraus, dass der Arbeitslohn - bezogen auf das einzelne Arbeitsverhältnis - 400 € monatlich nicht übersteigt (§ 40a Abs.2a EStG). Die Pauschalierung mit 20% ist ab 1. April 2003 auch dann zulässig, wenn der Arbeitslohn 12 € je Arbeitsstunde übersteigt. Selbstverständlich darf der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach wie vor wahlweise auch nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte besteuern.

Bei der Besteuerung der kurzfristig Beschäftigten ergeben sich ab 1. April 2003 keine Änderungen. Hier ist die Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25% nach wie vor zulässig, wenn der Arbeitnehmer gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt wird, und wenn die Dauer der Beschäftigung 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt, und wenn der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 62 € durchschnittlich je Arbeitstag nicht übersteigt, es sei denn, dass die Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wird. Nach wie vor setzt die Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25% bei kurzfristig Beschäftigten außerdem voraus, dass der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer durchschnittlich 12 € je Arbeitsstunde nicht übersteigt (§ 40a Abs.1+4 EStG).

Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.02 in BStBl 2003 I S.3.