Neue Rechtsprechung zur ermäßigten Besteuerung von Abfindungen

Eine Abfindung bei Beendigung eines Dienstverhältnisses ist nur steuer-frei, wenn die Auflösung durch den Arbeitgeber veranlasst oder ge-richtlich ausgesprochen worden ist. Das heißt: Der Arbeitgeber muss - z.B. durch eine Kündigung - die entscheidenden Ursachen für die Auflö-sung gesetzt haben. Maßgebend hierfür ist allein, von wem die Beendi-gung des Dienstverhältnisses ausgegangen ist, wer also die Beendigung des Dienstverhältnisses betrieben hat. In der Regel kann davon ausge-gangen werden, dass bei Zahlung einer Abfindung der Arbeitgeber die Auflösung gewollt und damit auch veranlasst hat.

Freigrenzen

Nach § 3 Nr. 9 EStG sind derzeit solche Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses, höchstens jedoch 7.200 EUR steuerfrei. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und hat das Dienstverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, bleiben Abfindungen bis zu 9.000 EUR steuerfrei. Hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und hat das Dienstverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden, so beläuft sich der Höchstbetrag auf 11.000 EUR.

Voraussetzungen

Für die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG ist nicht die arbeitsrechtliche Be-urteilung der Auflösung maßgeblich, sondern allein der Umstand, von wem die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgegangen ist. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Auflösung gewollt und damit auch veranlasst hat, wenn er eine Abfindung bezahlt hat.

Dieses Ergebnis deckt sich mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 9 EStG von arbeitsrechtlichen Vorausset-zungen abzukoppeln. Abfindungen werden für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt.Die Steuerbefreiung ist deshalb auch demjenigen zu gewähren, der wegen einer Pflichtverletzung zum unfreiwilligen Verlust des Arbeitsplatzes beigetragen hat.

BFH-Urteil vom 10.11.2004, Az. XI R 64/03, in DStR 2005, 102

Anwalts­, Gerichtskosten etc.

Im Zusammenhang mit Abfindungen fallen häufig Anwalts-, Gerichts-, Fahrt- und Telefonkosten usw. an. Für die Berechnung der Einkommens-teuer gilt insofern Folgendes:
€¢ Werden die Kosten in demselben Jahr gezahlt, in dem der Steuer-pflichtige die Abfindung erhält, müssen die Kosten vom steuerpflichti-gen Teil der Abfindung abgezogen werden. Damit vermindert sich die Steuerlast.

€¢ Werden dagegen Teile der Kosten im Jahr vor Erhalt der Ab-findung gezahlt, dürfen diese Kosten im Jahr der Verausgabung als normale Werbungskosten abgesetzt werden. Sie verringern damit die Einkünfte, die mit dem normalen Steuersatz versteuert werden. Dafür darf die Abfindung dann nicht in der vereinnahmten Höhe angesetzt werden. Vielmehr sind von der Abfindung die im Vor-jahr bereits abgesetzten Kosten abzuziehen. Nur die so verminderte Abfindung unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, der andere Teil der Abfindung dagegen dem normalen Steuersatz.

BFH-Urteil vom 26.8.2004, Az. IV R 5/03, in Betriebs-Berater 2005, 251 = Der Betrieb 2005, 200

Unternehmensliquidation

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzen die Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen, die i.V.m. einer Abfindung gewährt werden, eine Zwangslage des Steuerpflichtigen voraus, der die Abfindung erhält. Das heißt: Er muss unter einem rechtlichen, wirtschaft-lichen oder tatsächlichen Druck gestanden haben, der zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Die Liquidation seines Unternehmens führt im Regelfall zur Bejahung einer derartigen Zwangslage. Arbeitsverhältnisse werden hier auf Druck des Unternehmens aufgelöst, auch wenn die Verhandlungen vom Arbeitnehmer selbst ausgehen. Gleiches gilt für Rationalisierungsmaßnahmen, die durch einen Sozialplan begleitet werden.

FG Münster vom 4.3.2004, Az. 8 K 2801/01 E, in DStRE 2004, 865