Ist der beschränkte Abzug von Krankenkassenbeiträgen verfassungswidrig?

Krankenversicherungsbeiträge können zurzeit nur begrenzt als Sonderausgaben abgezogen werden. Das hält der Bundesfinanzhof (BFH) für verfassungswidrig und hat deshalb beschlossen, hierzu eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen. Die Bedenken richten sich dagegen, dass

• zur Erreichung eines angemessenen Versicherungsschutzes Beiträge zur privaten Krankenversicherung nur unzureichend abzugsfähig sind und

die Berücksichtigung von Kindern bei den Höchstbeträgen für Vorsorgeaufwendungen nur unzureichend erfolgt. Insbesondere dann, wenn sie nicht wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert sind.

Laut BFH reichen die gesetzlichen Höchstbeträge beim Sonderausgabenabzug nicht aus, um einen Krankenversicherungsschutz in dem von der gesetzlichen Krankenkasse gewährten Umfang zu erlangen.

Im Streitfall ging es um einen verheirateten Rechtsanwalt mit sechs Kindern. Seine Beiträge zur privaten Krankenversicherung werden wegen der Höchstbeträge nur in geringem Umfang als Sonderausgaben berücksichtigt, sodass sie größtenteils aus versteuertem Einkommen beglichen werden.

Dieses Verfahren betrifft das Streitjahr 1997. Die Fachwelt ist sich zurzeit allerdings noch uneins darüber, ob und wie sich das Verfahren auch auf andere Veranlagungszeiträume auswirkt: Denn obwohl die beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen bereits Gegenstand eines Vorläufigkeitsvermerks in den Einkommensteuerbescheiden ist, ist unklar, ob dieses neue beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren ebenfalls davon umfasst wird. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich hierzu noch nicht verbindlich geäußert.

Ebenso sind Veranlagungszeiträume ab dem Jahr 2005 betroffen. Denn der Abzug der Krankenkassenbeiträge durch die Neuregelungen des Alterseinkünftegesetzes ist auch weiterhin begrenzt und die Kinderanzahl spielt keine Rolle. Solange das BMF den Vorläufigkeitsvermerk aber nicht ausdrücklich auch auf diesen Fall ergänzt, besteht hier ebenfalls keine abschließende Rechtssicherheit.

Betroffen sind alle Beiträge zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung, die wegen der Höchstbeträge nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Daher sollten zum jetzigen Zeitpunkt auch gesetzlich Versicherte die weitere Vorgehensweise entweder (individuell) mit dem eigenen Berater abklären oder aber - rein vorsorglich - in allen noch offenen Fällen Einspruch einlegen. Würde sich nach dem eingelegten Einspruch dann zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass dies "vergeblich€œ war, würde es lediglich zu einer Zurückweisung des Einspruchs durch das Finanzamt kommen.

BFH, Beschluss vom 14.12.2005, Az. X R 20/04, DB 2006, 191, beim BVerfG unter Az. 2 BvL 1/06