Die wichtigsten Steueränderungen zum Jahreswechsel

Die wichtigsten Steueränderungen zum Jahreswechsel 2004/2005

Das "Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften" ist am 15. Dezember 2004 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Es ist im Wesentlichen am 16. Dezember 2004 bzw. am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Neuerungen, die in der täglichen Praxis von besonderer Bedeutung sind.

Günstigerprüfung beim Lohnsteuerabzug

Durch das Alterseinkünftegesetz ist die einkommensteuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen ab 2005 mit dem Ziel einer allmählichen Freistellung der Aufwendungen grundlegend umgestaltet worden.
Zum Einstieg ist eine steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen in Höhe von 60 v.H. vorgesehen. Um in der Übergangsphase Schlechterstellungen zu vermeiden, werden im Wege einer Günstigerprüfung mindestens so viele Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt, wie nach bisheriger Rechtslage abziehbar waren. Auch bei der Berechnung der Vorsorgepauschale wird eine Günstigerprüfung durchgeführt. Eine Änderung der §§ 10c Abs. 4 und 39b Abs. 2 EStG stellt sicher, dass die Günstigerprüfung ab 2005 auch im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt wird.

Abzug von Erbbauzinsen

§ 11 Abs. 2 EStG ist rückwirkend ab 1. Januar 2004 wie folgt neu gefasst worden: Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr abgeflossen.

Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren - etwa Erbbauzinsen - im Voraus bezahlt, sind sie auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

Die geänderte Fassung des § 11 EStG ist im Hinblick auf Erbbauzinsen und andere Entgelte für die Nutzung eines Grundstücks erstmals auf Vorauszahlungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2003 geleistet wurden (§ 52 Abs. 30 EStG). Damit wurde einem BFHurteil vom 23. September 2003 (IX R 65/02 in DStR 2003, S. 2107), das den sofortigen Abzug vorausbezahlter Erbbauzinsen ermöglichte, durch eine rückwirkende Gesetzesänderung die Grundlage entzogen. Ob dies rechtmäßig ist, muss voraussichtlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat die Änderung des § 11 EStG keinen Einfluss auf den sofortigen Abzug eines Damnums. Ein Damnum in Verbindung mit einer Immobilienfinanzierung darf also weiterhin sofort abgesetzt werden, wenn das Damnum bei einem mindestens fünfjährigen Zinsfestschreibungszeitraum bis zu 5 v.H. beträgt.

Spekulationsgewinn aus Wertpapierverkäufen

Nach der neu gefassten Nr. 2 in § 23 Abs. 1 EStG gehören zu den privaten Veräußerungsgeschäften u.a. Wertpapiergeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung anvertraut worden sind, wird jetzt unterstellt, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert worden sind. Gleiches gilt bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge.

Ab 2005 wird bei der Berechnung eines Spekulationsgewinns also unterstellt, dass die zuerst angekauften Wertpapiere oder Fremdwährungsbeträge zuerst verkauft worden sind. Eine Berechnung der Anschaffungskosten nach Durchschnittswerten ist deshalb nicht mehr erforderlich (Art. 1 Nr. 6 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 EURLUmsG).

Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer

Die Änderung des § 10 UStG steht im Zusammenhang mit der "Seeling"-Entscheidung des EuGH. Danach darf ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise zu eigenen Wohnzwecken nutzt, das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG abziehen. Denn die teilweise Verwendung des Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12a UStG und berechtigt deshalb zum Vorsteuerabzug. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG hat jetzt rückwirkend zum 1. Juli 2004 folgenden Inhalt:

"Der Umsatz wird bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben bemessen, soweit die Ausgaben zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zu diesen Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird.

Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 EUR, sind sie gleichmäßig auf den Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht."

Wenn ein Unternehmer seinem Unternehmen umsatzsteuerrechtlich eine selbst -genutzte Wohnung zuordnet, kann er also den Vorsteuerabzug auch aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wohnung vornehmen. Er muss dann aber in den folgenden Jahren Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch abführen, wodurch der Vorteil aus dem Vorsteuerabzug in den folgenden 10 Jahren neutralisiert wird.

In solchen Fällen ist auch der spätere Verkauf der Wohnung umsatzsteuerpflichtig. Deshalb ist es in der Regel nicht sinnvoll, dem Unternehmensvermögen eine selbst genutzte Wohnung zuzuordnen, um den Vorsteuerabzug vornehmen zu können.

In der Literatur wird hierzu die Auffassung vertreten, dass die von dem Abschreibungssatz von 2 v.H. abweichende Bemessungsgrundlage in § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG rechtswidrig sei. Es empfiehlt sich deshalb, entsprechende Fälle durch Einspruch vorläufig offen zu halten.

Die Finanzverwaltung stimmt einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens zu, gewährt aber derzeit keine Aussetzung der Vollziehung.