Der Leistungsempfänger als Schuldner der Umsatzsteuer

Seit 2002 schuldet der Leistungsempfänger bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers die in Deutschland fällige Umsatzsteuer, vorausgesetzt dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

Unter die Abzugsverpflichtung fielen bisher im Wesentlichen Werklieferungen oder Werkleistungen, bei denen dem deutschen Auftraggeber das fertige Werk durch den ausländischen Unternehmer im Inland übergeben wurde. Das war z.B. bei der Errichtung eines Bürogebäudes auf dem inländischen Grundstück eines deutschen Auftraggebers durch ein österreichisches Bauunternehmen der Fall.

Steuerschuldner ist in solchen Fällen jeder im Inland für Umsatzsteuerzwecke registrierte Unternehmer und jede juristische Person, unabhängig davon, ob die Leistungen für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke in Anspruch genommen wurden. Die Steuerschuld entsteht - unabhängig von der Zahlung - spätestens mit Ablauf des Kalendermonats, der auf die Ausführung der Leistung folgt.

Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurde die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf folgende Umsätze ausgeweitet:

• auf Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (§ 13b Abs.1 Nr.3 UStG) und

• auf Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen (§ 13b Abs.1 Nr.4 UStG).

In einem umfangreichen Einführungsschreiben vom 31.März 2004 hat der Bundesfinanzminister hierzu folgendes angeordnet:

• § 13b Abs.1 Nr.3 UStG wurde mit Wirkung vom 1.April 2004 erweitert. Durch die Erweiterung gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers jetzt auch für alle umsatzsteuerpflichtigen Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Umsatz nach dem 31.März 2004 ausgeführt worden ist, oder dass das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31.März 2004 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (Tz.2).

• Da Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, nach § 4 Nr.9a UStG steuerfrei sind, kommt die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur in Betracht, wenn ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren ist nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Zwangsversteigerungstermin zulässig. Bei anderen Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, muss die Option zwingend im Notarvertrag erklärt werden (Tz.4).

• Werden Bauleistungen von einem im Inland ansässigen Unternehmer erbracht, ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs.1 Nr.4 UStG nachhaltig erbringt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen erbracht hat, die mehr als 10% der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen haben, oder wenn der Leistungsempfänger eine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt (Tz.14).

• Bei steuerpflichtigen Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen und bei Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs.1 Nr.4 UStG, die zwischen dem 1.April 2004 und dem 30.Juni 2004 ausgeführt werden, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers ausgehen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird (Tz.26). Der Leistungsempfänger sollte deshalb in solchen Übergangsfällen auf eine Dokumentation des Einvernehmens achten und die Zahlung der Umsatzsteuer durch den leistenden Unternehmer überwachen. Andernfalls kann es dazu kommen, dass der Leistungsempfänger von der Finanzverwaltung doch noch zur Abführung der Umsatzsteuer herangezogen wird, obwohl der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer im Rahmen der Gesamtrechnung bereits an den anderen Unternehmer gezahlt hat.

BMFschreiben v. 31.3.04 (IV D 1-S 7279-107/04) in Der Betrieb 2004 S.785.