Das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit

Das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit ist am 30.Dezember 2003 in Kraft getreten. Es regelt im Wesentlichen zwei Bereiche:

€¢ Artikel 1 enthält das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung - kurz "Strafbefreiungserklärungsgesetz" (StraBEG). Dieses Gesetz legt die Voraussetzungen fest, unter denen Steuerpflichtige, die in der Vergangenheit Steuern verkürzt haben, zeitlich befristet in die Steuerehrlichkeit zurückkehren können.

€¢ Die Artikel 2 und 3 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit enthalten ergänzende Vorschriften, die der Finanzverwaltung ab 1. April 2005 eine bessere Überwachung der Steuerpflichtigen durch den automatisierten Abruf von Kontoinformationen bei inländischen Bankkonten ermöglichen.

Das Strafbefreiungserklärungsgesetz enthält für in der Vergangenheit steuerunehrliche Bürger eine tragfähige "Brücke in die Steuerehrlichkeit". Durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung i.V.m. der Entrichtung einer pauschalen Abgabe können solche Steuerpflichtige Strafbefreiung bzw. Befreiung von Geldbußen erlangen.

Erklärungsberechtigte Personen
Zur Abgabe einer strafbefreienden Erklärung ist berechtigt,
- wer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht hat oder
- wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat.

Zu den erklärungsberechtigten Personen gehören neben dem Steuerschuldner auch dessen gesetzliche Vertreter, Vermögensverwalter, Verfügungsberechtigte sowie die Erben des Steuerschuldners (§ 2 StraBEG).

Inhalt und Form der strafbefreienden Erklärung
Die unterschriebene strafbefreiende Erklärung muss beim Wohnsitzfinanzamt bzw. Betriebsstättenfinanzamt auf einem amtlichen Vordruck abgegeben werden.

In der strafbefreienden Erklärung muss die zu entrichtende Abgabe vom Erklärenden selbst berechnet werden. Dazu muss die Summe der nicht der Besteuerung unterworfenen Einnahmen im Zeitraum 1.Januar 1993 bis 31.Dezember 2002 ermittelt werden. Von der Summe der zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen wird die Pauschalabgabe dann mit 25% berechnet, wenn die strafbefreiende Erklärung im Kalenderjahr 2004 abgegeben wird. Bei Abgabe der strafbefreienden Erklärung im Zeitraum 1.Januar 2005 bis 31.März 2005 beträgt die Pauschalabgabe 35%. Die Pauschalabgabe muss innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung entrichtet werden, spätestens aber bis zum 31.Dezember 2004 bzw. bis zum 31.März 2005 (§ 1 StraBEG).

Die Pauschalabgabe i.H.v. 25% bzw. 35% bezieht sich auf die nicht der Besteuerung unterworfenen Einnahmen bzw. Veräußerungsgewinne, von denen ein pauschaler Abzug für die Ausgaben vorgenommen werden darf. Wenn i.V.m. diesen Einnahmen bzw. Veräußerungsgewinnen hohe Betriebsausgaben oder Werbungskosten angefallen sind, kann es deshalb vorteilhafter sein, für Teilbereiche eine Selbstanzeige zu erstatten, weil bei der Selbstanzeige - neben den Hinterziehungszinsen - nur der normale Steuersatz auf die nicht erklärten Einkünfte (nach Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten) zu entrichten ist.

In der strafbefreienden Erklärung müssen die Einnahmen nach Kalenderjahren und zu Grunde liegenden Lebenssachverhalten spezifiziert werden. Fehlt die Spezifizierung, tritt keine Straffreiheit ein und die entsprechenden Steueransprüche erlöschen nicht (BMF v. 3.2.04 Tz.5.3).

Der Lebenssachverhalt muss durch Bezeichnung der Einnahmequelle und der Art der Tätigkeit konkretisiert werden. Bei ausländischen Einnahmen muss der Herkunftsstaat benannt werden und bei Zinseinnahmen muss auch das Kreditinstitut angegeben werden, etwa in folgender Weise:

€¢ 1993 vereinnahmte Zinsen mit Angabe des Kreditinstitutes;
€¢ 1994 nicht gebuchte Provisionseinnahmen;
€¢ im Jahr 1996 fingierte Werbungskosten in Form von Reisekosten;
€¢ im Jahr 1997 fingierte Betriebsausgaben wegen privater Reparaturkosten;
€¢ im Jahr 1998 vorgenommene Vorsteuerabzüge aus fingierten Rechnungen;
€¢ im Jahr 1999 erhaltene Einnahmen aus einer Schenkung.

Die Spezifizierung der Lebenssachverhalte liegt im Interesse des Erklärenden, da er die steuerliche Beweisführungslast dafür trägt, dass ein Sachverhalt, der der Finanzbehörde später bekannt wird, in der strafbefreienden Erklärung enthalten war (BMF v. 3.2.04 Tz.5.4).

Bemessungsgrundlage für die Pauschalabgabe
Wurde Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer verkürzt, gelten als Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes:
€¢ 60% der in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 nicht erklärten Bruttoeinnahmen oder Bruttobetriebsvermögensmehrungen (einschließlich Umsatzsteuer) sowie
€¢ alle Bruttoausgaben (einschl. Umsatzsteuer), die in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 zu Unrecht abgesetzt wurden, z.B. Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und zu Unrecht vorgenommene Abschreibungen (§ 1 StraBEG).

Unterliegen Einnahmen nur zum Teil der Einkommen- oder Körperschaftsteuer, ist nur dieser Anteil zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere bei Einkünften, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen (§ 3 Nr.40 EStG) und bei Leibrenten im Sinne des § 22 Nr.1 EStG. In solchen Fällen ist nur der hälftige Teil bzw. nur der Ertragsanteil vor Abzug von Werbungskosten anzusetzen (BMF v. 3.2.04 Tz. 3.3.3).

Wurde die Veräußerung eines Wirtschaftsguts zu Unrecht nicht besteuert, ist in der strafbefreienden Erklärung als Einnahme der Veräußerungserlös (einschließlich Umsatzsteuer) um die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. den Restbuchwert zu vermindern, sofern diese Beträge nicht bereits bei der Besteuerung erfasst wurden. Dies gilt nicht nur bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern im betrieblichen Bereich, sondern auch bei privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Eine Saldierung mit Verlustgeschäften ist dabei ausgeschlossen. Im Vordruck der strafbefreienden Erklärung ist der Saldo aus dem unversteuerten Bruttoveräußerungspreis und den steuerlich nicht berücksichtigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten gekürzt um 40% als Einnahme im Sinne des Strafbefreiungserklärungsgesetzes anzugeben (BMF v. 3.2.04 Tz.3.3.4).

Wurde Gewerbesteuer verkürzt, gelten als Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes:
€¢ 10% der in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 nicht erklärten Bruttoeinnahmen oder Bruttobetriebsvermögensmehrungen sowie
€¢ alle Ausgaben, die in den Veranlagungszeiträumen 1993-2002 zu Unrecht abgesetzt wurden, soweit diese Ausgaben nicht bereits bei den verkürzten Einkommensteuern oder Körperschaftsteuern hinzugerechnet wurden (§ 1 Abs.3 StraBEG).

Zu den Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes zählen auch nicht berücksichtigte Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, z.B. Dauerschuldzinsen.

Wurde Umsatzsteuer verkürzt, gelten als Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes:
€¢ 30% der in den Veranlagungszeiträumen 1993-2002 nicht erklärten Bruttoeinnahmen für Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe und
€¢ 200% der in den Veranlagungszeiträumen 1993-2002 zu Unrecht abgesetzten Vorsteuerbeträge (§ 1 Abs.4 StraBEG).

Wurde Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer verkürzt, gelten als Einnahme i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes 20% der in der Zeit vom 1.Januar 1993 bis 31.Dezember 2002 nicht versteuerten steuerpflichtigen Erwerbe i.S.d. § 10 Abs.1 ErbStG.

Für zu Unrecht nicht bezahlte Vermögensteuern brauchen in der strafbefreienden Erklärung keine Einnahmen angesetzt zu werden. Dieser Tatbestand muss jedoch in der strafbefreienden Erklärung angegeben werden. Die Strafbefreiung und Abgeltungswirkung umfasst dann auch die Vermögensteuer der Veranlagungszeiträume ab 1993 (§ 8 Abs.1 Satz 1 StraBEG).

Ausschlusstatbestände
Die Straf- oder Bußgeldfreiheit tritt nicht ein,

€¢ wenn vor Abgabe der strafbefreienden Erklärung ein Amtsträger der Finanzbehörden diesbezüglich zur Prüfung erschienen ist, oder wenn die Tat bereits entdeckt war und der Erklärende dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, oder

€¢ soweit einem Tatbeteiligten die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist, oder

€¢ soweit der Erklärende bei der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt hat (§ 7 StraBEG).

Die Ausschlusswirkung tritt bei der letzten Alternative nicht nur ein, soweit eine Selbstanzeige abgegeben wurde, sondern auch dann, wenn der Steuerpflichtige zuvor eine Berichtigungsanzeige im Sinne des § 153 AO abgegeben hat. Entscheidend ist, inwieweit der fragliche Sachverhalt der Finanzbehörde durch eine Erklärung des Betroffenen bekannt geworden ist.

Außerdem kann keine strafbefreiende Erklärung abgegeben werden, soweit die Steuerverkürzung nach dem 17.Oktober 2003 begangen worden ist, z.B. durch Abgabe fehlerhafter Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2002 (§ 1 Abs.7 StraBEG).

Umfang der Straf- und Bußgeldbefreiung
Voraussetzung für die Strafbefreiung ist einerseits die Abgabe der strafbefreienden Erklärung und andererseits die Entrichtung der Pauschalabgabe innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung, spätestens aber bis zum 31.Dezember 2004 (bzw. bis zum 31.März 2005 bei der 35%igen Abgabe). Steuerpflichtige, die die Abgabe nicht rechtzeitig bezahlen können, brauchen also über die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung nicht weiter nachzudenken, da bei einer verspäteten Zahlung keine Straffreiheit eintritt (§ 1 Abs.1 StraBEG).

Straffreiheit tritt nur hinsichtlich der Taten ein, die in der strafbefreienden Erklärung berücksichtigt worden sind. Straffrei werden dann alle Tatbeteiligten im strafrechtlichen Sinne. Umfasst die strafbefreiende Erklärung nicht alle verkürzten Einnahmen, bleibt die Strafbarkeit der übrigen Taten unverändert bestehen (§ 4 StraBEG).

Die Finanzbehörden dürfen den Inhalt der strafbefreienden Erklärung für Besteuerungszeiträume nach 2002 verwenden (§ 13 Abs.1 StraBEG). Für Besteuerungsverfahren, die sich auf Besteuerungszeiträume vor 2003 beziehen, dürfen die geschützten Daten ohne Einwilligung des Betroffenen dagegen nicht verwendet werden. In derartigen Verfahren sind die in der strafbefreienden Erklärung berücksichtigten Lebenssachverhalte im Ergebnis hinweg zu denken. Die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung darf insbesondere nicht zum Anlass genommen werden, ein steuerliches oder strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten (BMF v. 3.2.04 Tz.14.7). Dagegen kann eine Selbstanzeige zum Anlass genommen werden, um Besteuerungszeiträume vor 2003 intensiv nachzuprüfen (BMF v. 3.2.04 Tz.15.3).

Beispiel aus der Beratungspraxis
Der Steuerpflichtige Schulze hat vor 20 Jahren von seinem Onkel ein Wertpapierdepot bei einer ausländischen Bank im Wert von 500.000 € geerbt, das er den Finanzbehörden bisher verschwiegen hat. Das Depot hat trotz der gelegentlichen Bargeldabhebungen heute einen Wert von 1 Mio € erreicht. In den Jahren 1993 bis 2002 sind insgesamt nur 200.000 € steuerpflichtige Kapitalerträge angefallen, weil Schulze vor allem Wertpapiere mit geringen steuerpflichtigen Erträgen erworben hat, um den Umfang der Steuerhinterziehung gering zu halten. Spekulationsgewinne sind nicht entstanden.

Schulze will eine strafbefreiende Erklärung abgeben, damit er das Geld für den seit langem geplanten Erwerb eines Einfamilienhauses nutzen kann, und um den Stress mit den grenzüberschreitenden Bargeldtransporten und mit der permanenten Steuerhinterziehung zu beenden.

Als Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes gelten bei der Einkommensteuer 60% der Kapitalerträge. Werbungskosten dürfen nicht abgezogen werden. Im Ergebnis müssen in der strafbefreienden Erklärung für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 2002 also 60% der Einnahmen angegeben werden. Das ergibt 120.000 € Einnahmen i.S.d. Strafbefreiungserklärungsgesetzes.

Die Pauschalabgabe beträgt dann bei Abgabe der Erklärung im Jahr 2004 25% von 120.000 €; das sind 30.000 €. Diesen Betrag muss Schulze innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der strafbefreienden Erklärung an sein Wohnsitzfinanzamt entrichten.

Mit Zahlung der 30.000 € wird die strafbefreiende Erklärung wirksam. Es tritt Straffreiheit ein und die Steueransprüche der Jahre 1993 bis 2002 erlöschen insoweit. Es fallen weder Hinterziehungszinsen, noch der Solidaritätszuschlag und auch keine Kirchensteuern an.

Durch die strafbefreiende Erklärung für die Jahre 1993 bis 2002 tritt gleichzeitig für die Jahre vor 1993 eine besondere strafrechtliche und steuerliche Verjährung ein (§§ 11 und 12 StraBEG).

Steuerpflichtige, die sich wegen einer strafbefreienden Erklärung beraten lassen wollen, sollten daran denken, dass der derzeitige Steuerberater nur dann weiter tätig sein darf, wenn die strafbefreiende Erklärung tatsächlich abgegeben und wenn dann ab dem Veranlagungszeitraum 2003 keine Steuerhinterziehung mehr begangen wird. Denn ein Steuerberater, der weiß, dass ein Mandant steuerpflichtige Einnahmen hat, die in den Steuererklärungen nicht angegeben werden, riskiert empfindliche Strafen als Mittäter, Gehilfe oder wegen Begünstigung (§§ 25, 27, 257 StGB). Steuerpflichtige, die nicht sicher sind, ob sie steuerehrlich werden wollen, sollten sich also hinsichtlich der strafbefreienden Erklärung von einem anderen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt beraten lassen, damit der eigene Steuerberater auch in Zukunft weiter tätig sein kann.

Zugriff der Finanzbehörden auf die Bankkonten

Bereits heute muss jedes inländische Kreditinstitut eine Datei führen, die folgende Daten enthält:
- die Kontonummer;
- den Tag der Einrichtung und Auflösung des Kontos;
- den Namen, den Geburtstag und die Anschrift des Kontoinhabers sowie eines Verfügungsberechtigten oder eines abweichenden wirtschaftlich Berechtigten.

Auf diese Datei darf derzeit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) zugreifen. Ab 1.April 2005 dürfen auch die Finanzbehörden diese Datei nutzen. Die Finanzbehörden können dann z.B. feststellen bei welchen Banken ein bestimmter Steuerpflichtiger ein Konto unterhält oder unterhalten hat. Das ermöglicht den Finanzbehörden anschließend weitere Informationen von der betreffenden Bank anzufordern, falls sich ein Steuerpflichtiger weigert, die geforderten Auskünfte zu geben (Art.2+3 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit).

Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit v. 23.12.03 in BStBl 2004 I S.22. BMFmerkblatt v. 3.2.2004 (IV A 4-S 1928-18/04) im Internet unter www.bundesfinanzministerium.de.