Ausbildungs- und Umschulungskosten absetzen

Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium und für eine Umschulungsmaßnahme, die die Grundlage dafür bildet, von einer Erwerbs- oder Berufsart zu einer anderen überzuwechseln, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass eine hinreichende berufliche Veranlassung besteht. Dabei ist es jetzt unerheblich, ob die Bildungsmaßnahme die Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet. Der BFH hat insoweit seine bisherige Rechtsauffassung zur Abgrenzung von Berufsausbildungs- und Berufsfortbildungskosten aufgegeben. Die Finanzverwaltung wendet die neue Rechtsprechung an.

Berufliche Veranlassung
Eine berufliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Die Fortbildungsmaßnahme muss konkret und berufsbezogen auf die vom Arbeitnehmer ernsthaft angestrebte Berufstätigkeit vorbereiten. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine akademische oder eine nichtakademische Bildungsmaßnahme handelt.

Regelmäßig liegt eine berufliche Veranlassung vor, wenn die Fortbildungsmaßnahme auf den bisher ausgeübten Beruf aufbaut, oder wenn ein Steuerpflichtiger bereits einige Jahre berufstätig ist und ein berufsbegleitendes Studium aufnimmt, um in seinem Beruf besser voranzukommen und seine Stellung im Betrieb zu festigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Fortbildungsmaßnahme vom bisherigen Arbeitgeber verlangt oder vom Arbeitnehmer freiwillig betrieben wird.

Umschulung
Auch Aufwendungen im Zusammenhang mit Umschulungsmaßnahmen gehören jetzt zu den Fortbildungskosten. Bei Umschulungsmaßnahmen vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass ein Werbungskostenabzug nur in Betracht kommt, wenn der Steuerpflichtige bereits berufstätig ist oder war. Führt die Umschulungsmaßnahme zu einem gänzlich neuen Berufsabschluss, handelt es sich ebenfalls um Werbungskosten, vorausgesetzt dass die Umschulungsmaßnahme die Grundlage schafft, um von einer Berufs- oder Erwerbstätigkeit zu einer anderen überzuwechseln. Dies kann z.B. bei Arbeitnehmern der Fall sein, die mit dem neuen Berufsfeld nach Zeiten der Arbeitslosigkeit wieder Einnahmen erzielen wollen.

Alle Steuerpflichtigen, die in den vergangenen Jahren aufgrund der bisherigen Rechtsprechung Fortbildungs- oder Umschulungskosten nicht abgesetzt haben oder nicht absetzen durften, sollten prüfen, ob eine Berichtigung der entsprechenden Steuererklärungen und Steuerbescheide noch möglich ist. Siehe hierzu eine Verfügung der OFD Koblenz v. 8.4.03 (S 2350 A) in DStR 2003 S.1074.

Erstmalige Ausbildung

In einem Streitfall, den der BFH mit Urteil vom 27.Mai 2003 entschieden hat, wurde ein Steuerpflichtiger, nachdem er ein Maschinenbaustudium abgebrochen hatte, aufgrund eines Schulungsvertrages mit einer Fluggesellschaft zum Verkehrsflugzeugführer ausgebildet. Die Kosten hierfür hatte er selbst zu tragen. Unmittelbar nach Schulungsabschluss wurde der Steuerpflichtige von der Fluggesellschaft als Pilot angestellt. Der BFH ließ in diesem Fall den Abzug der Schulungskosten als vorab entstandene Werbungskosten zu.

Vorab entstandene Werbungskosten werden nach § 9 Abs.1 EStG auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung anerkannt, vorausgesetzt dass die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Sie müssen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen.

Nach diesen Grundsätzen hat der BFH den erforderlichen Veranlassungszusammenhang im Streitfall bejaht. Denn die Schulungskosten des Klägers standen in einem besonders engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erzielung von steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer.

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung ist der Werbungskostenabzug bei einer erstmaligen Berufsausbildung nicht stets ausgeschlossen. Aus dem Wortlaut, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt sich vielmehr, dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat. Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung stellen deshalb nur dann beschränkt abziehbare Sonderausgaben dar, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind.

Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung können also als vorab entstandene Werbungskosten abgesetzt werden, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen. Ob auch Kosten eines direkt nach dem Schulabschluss aufgenommenen Erststudiums Werbungskosten sein können, ist allerdings weiterhin zweifelhaft. Dies ergibt sich aus der Pressemitteilung des BFH zum Urteil vom 27.Mai 2003 (VI R 33/01 im Internet unter www.bundesfinanzhof.de).